Keine Zukunftsmusik mehr – die rezeptfreie Pille danach

By | 1. März 2015

Keine Zukunftsmusik mehr: die rezeptfreie Pille danach

Die unterschiedlichsten Umstände (vom ungeschützten Geschlechtsverkehr über ein geplatztes Kondom bis hin zur Vergewaltigung) können dazu führen, dass eine Frau befürchten muss, ungewollt in ganz „andere Umstände“ zu kommen. Die „Pille danach“ (nicht zu vergleichen mit Präparaten, die eine Schwangerschaft abbrechen) eignet sich, dies zu verhindern. Enorm wichtig dabei ist, dass das Medikament im Notfall unverzüglich angewendet wird, eine rezeptfreie Abgabe durch Apotheken kann hier den entscheidenden Zeitvorteil bringen. 

So ist zum Beispiel in (ländlichen) Gebieten, da Mediziner eher „dünn gesät“ sind, an Wochenenden oder Feiertagen guter Rat teuer, weil weit entfernt; dahingehend argumentiert auch Pro Familia. Außerdem haben vielleicht gerade junge Frauen Hemmungen, mit relativ großem und deshalb auffälligen/indiskreten Aufwand einen Arzt oder die nächste Klinik aufzusuchen. 

Von der Weltgesundheitsorganisation WHO war zu lesen, dass „für einen korrekten Gebrauch eine medizinische Überwachung nicht notwendig“ ist. Auch der Bundesrat hatte sich bereits im November vergangenen Jahres für eine Rezeptfreiheit der „Pille danach“ ausgesprochen, um einen schnellstmöglichen Zugang zum/eine rechtzeitige Anwendung des Arzneimittels zu ermöglichen mit dem Ziel, die ungleich belastendere Konsequenz, eine Abtreibung, zu vermeiden. 

Gewissenhaftigkeit, Aufklärung und fachlicher Rat sind durch die Neuerung nicht weniger gefragt, hier wird auf die Apotheker künftig viel Verantwortung zukommen. 

Schon seit längerem wurde kontrovers über dieses Thema diskutiert, in den meisten unserer Nachbarländer, auch in Schweden, der Türkei und in den USA war die Notfallverhütung, im Gegensatz zu Deutschland, bereits rezeptfrei möglich. Nun wurden auch bei uns die Weichen gestellt:

Am 7. Januar diesen Jahres hat die EU-Kommision ein Notfallkontrazeptivum der Rezeptpflicht enthoben, bereits am 9. Januar wurde dieser Beschluss im EU-Arzneimittelregister veröffentlicht und somit rechtskräftig. Angepasst werden wird auch die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) sowie die Verpackungen und Packungsbeilagen des Präparates. In den Apotheken frei erhältlich wird es voraussichtlich ab dem 15. März sein.

Die „Pille danach“ verhindert den Eisprung …

… und ist deshalb keinesfalls eine „Abtreibungspille“. Das Medikament blockiert vom Zeitpunkt der Einnahme an das weitere Reifen der Eizelle und schließlich den Eisprung (der zum Einnahmezeitpunkt noch nicht erfolgt ist). Die Spermien, die im Eileiter bis zu maximal fünf Tagen auf den Eisprung warten können, kommen also nicht zum Zug; die Eizelle wird gar nicht erst befruchtet und nistet sich nicht in der Gebärmutter ein. 

Der Umkehrschluss, dass das Präparat wirkungslos bleibt, wenn die Befruchtung beim Einnahmezeitpunkt bereits erfolgt war, ist richtig. Die Gefahr einer Schädigung der intakten, befruchteten Zelle besteht nicht.

Einnahmeempfehlung

Jede Stunde zählt! Studien zufolge schützt die Einnahme innerhalb von 24 Stunden mit 95-prozentiger Sicherheit vor Schwangerschaft; sind 24 bis 48 Stunden verstrichen, reduziert sich dies auf 85 Prozent und nach 48 bis maximal 72 Stunden konnte das Notfallkontrazeptivum immerhin noch in 58 Prozent der Fälle helfen.

Wie bei allen oralen Kontrazeptiva wäre Erbrechen innerhalb von drei Stunden nach der Anwendung denkbar ungünstig. Auch durch die Einnahme von Antibiotika, Johanniskrautpräparaten, Antiepileptika und überhaupt bei Magen-Darm-Erkrankungen kann die Wirkung des Medikaments eingeschränkt oder sogar aufgehoben werden! 

Besondere Vorsicht ist beim Bestehen von Leberschäden geboten. Hier sollte vor der Einnahme auf jeden Fall Rücksprache mit dem behandelnden Arzt genommen werden; auch Frauen, bei denen bereits eine Eileiterschwangerschaft aufgetreten ist, sollten sich zum Ausschluss dieser Möglichkeit spätestens nach Einnahme des Medikaments einer Kontrolluntersuchung unterziehen.

Die Notfallverhütung …

… muss unbedingt als solche betrachtet und verstanden werden. Sie entbindet nicht von einer kontinuierlichen und gewissenhaften Empfängnisregelung zumal die Zuverlässigkeit mit der Häufigkeit der Einnahme sinkt und Nebenwirkungen auftreten können wie Kopf- oder Bauchschmerzen, leichte Schmierblutungen, Übelkeit, Schwindel. Auch, dass sie nur bei noch nicht erfolgtem Eisprung funktioniert, macht sie für einen Dauergebrauch untauglich. 
Schließlich stellt die Anwendung der „Pille danach“ vorübergehend einen erheblichen Eingriff in den weiblichen Hormonhaushalt dar; gut, dass es sie gibt, besser, wenn wir sie nicht brauchen.

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