Kinder und Diabetes Teil III – Der Alltag

By | 1. Januar 2015

Kinder und Diabetes Teil III – Der Alltag

Falls auch Ihre Tochter/Ihr Sohn zu den circa 15.000 bis zu 14 Jahre alten in Deutschland an Diabetes mellitus erkrankten Kindern gehört, war die Diagnose sicher zunächst ein Schock für die ganze Familie. Doch je gelassener Eltern und Geschwister, weitere Verwandte, die Bekannten und Freunde mit dieser Tatsache umgehen, desto leichter fällt es auch dem betroffenen Kind, ein weitestgehend normales Leben zu führen. 

Bei der am häufigsten im Kindesalter auftretenden Form, Diabetes Typ I, handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, und nach dem heutigen Stand der Medizin muss davon ausgegangen werden, dass lebenslang die Notwendigkeit einer Insulinzufuhr von außen bestehen wird. Das Hormon Insulin regelt vor allem den Energiestoffwechsel und verhindert, dass Schäden infolge dauerhaft erhöhter Blutzuckerwerte entstehen.

Auch von Diabetes Typ II sind immer mehr Kinder und Jugendliche betroffen. Insulin wird zwar noch produziert, aber die Menge ist meist reduziert und seine Wirksamkeit gestört. Diese Diabetes-Form macht zunächst keine Beschwerden, wird bei Kindern seltener vermutet und deshalb oft nicht sofort diagnostiziert – dabei kann gerade bei Diabetes Typ II eine Veränderung des Ess- und Bewegungsverhaltens und eine damit verbundene Reduzierung eventuell vorhandenen Übergewichts viel zum Blutzucker-Management beitragen. Diese Maßnahmen können durch die Einnahme von Antidiabetika (Tabletten) oder erforderlichenfalls durch eine Insulintherapie unterstützt werden.

Körperliche Aktivität/Sport wirkt sich in beiden Fällen positiv aus. Es ist unerlässlich, Ernährung und Bewegung bei der Diabetes-Behandlung zu berücksichtigen.

Diabetes I – das fehlende Insulin muss von außen zugeführt werden

Es gibt es unterschiedliche Methoden, die Blutzuckerkonzentration zu regeln: 

  • Zu festen Zeiten, üblicherweise morgens und abends, Insulin zu spritzen – das setzt auch festgelegte Mahlzeiten (Kohlehydratmenge/Zeitpunkt) voraus.
  • Nach Bedarf (zum Essen) plus eine bis zwei Basisinjektionen (ICT = intensivierte konventionelle Insulintherapie). 
  • Die Verwendung einer Insulinpumpe, welche rund um die Uhr regelmäßig mit kleinen Insulinmengen versorgt und bei Bedarf (Mahlzeit) auf Tastendruck eine entsprechende Extra-Dosis freigibt.

Die Insulinarten

Abhängig von der Therapiemethode finden

  • Analog-Insuline (Kurz- oder Langzeitanalog-Insulin)
  • Normalinsulin (auch als Bolus- oder Kurzzeitinsulin bezeichnet)
  • Langzeitinsulin (Basalinsulin, Verzögerungsinsulin, Intermediärinsulin)
  • sowie Mischformen, Mischinsulin,

Verwendung.

Die Injektionen erfolgen meist mit einem „Pen“, der tatsächlich große Ähnlichkeit mit einem Kugelschreiber hat. Welche Therapiemethode, welche Antidiabetika oder Insulinsorte(n) für Ihr Kind optimal geeignet ist/sind, das wird Ihr Diabetologe mit Ihnen gemeinsam beraten.

Gewusst wie – gemeinsam die Schulbank drücken

In speziellen Diabetes-Schulungen lernen Sie und Ihr Kind, den Umstand Diabetes richtig zu handhaben. Ganz wichtig ist auch die Stärkung des Selbstbewusstseins und die Erfahrung, dass man mit dem „Thema Zucker“ nicht alleine steht. Bereits ab dem Alter von sechs Jahren sind Kinder in der Lage, mit Ihrer Unterstützung, nach und nach die Zuckerkrankheit zu verstehen und Alltägliches (Injektionen), zunächst unter Aufsicht, teilweise selbst zu übernehmen. Von Diabetes I betroffene Kinder entwickeln oft außergewöhnliche Disziplin und Verantwortungsbewusstsein, vergleichen mit Altersgenossen. Ein Diabetes-Tagesbuch, in dem die Blutzuckerwerte, Medikamente und die Befindlichkeit in bestimmten (Ausnahme-)Situationen festgehalten werden, ist ein wichtiges Werkzeug, das Einflüsse auf den Blutzuckerwert deutlich macht. So kann Stress, körperlicher oder seelischer Art, den Blutzuckeranteil in die Höhe treiben (fieberhafte Infekte, Disharmonie im Familien- oder Freundeskreis, Prüfungen, Klassenarbeiten …). Während der Pubertät ist zu befürchten, dass nicht nur die Gefühle und Hormone, sondern auch die Blutzuckerwerte aus der Reihe tanzen. Auch, inwiefern Sport den Blutzuckerspiegel beeinflusst, die Symptome einer Unterzuckerung und welche Maßnahmen in diesem Fall ergriffen werden müssen, erfahren Sie im Rahmen der Schulungen.

Nicht nur das Kind, auch der Blutzuckerwert verändert sich mit der Zeit

Es ist außerordentlich wichtig, die empfohlenen Blutzuckerselbstmessungen und die Kontrolluntersuchungen beim Arzt konsequent einzuhalten. Speziell bei Kindern muss im Laufe der Jahre die Therapie immer wieder verändert werden. Diabetes I verläuft in Phasen – so sinkt der Insulinbedarf meist nach begonnener Behandlung (Erholungsphase), steigt aber irgendwann wieder an (Dauerphase), dann kommt der „Ausnahmezustand“ (Pubertätsphase), in der die „jungen Wilden“ wieder ganz extrem auf Unterstützung angewiesen sind, da sie „wie alle anderen“ sein wollen und womöglich ihre besonderen Bedürfnisse ignorieren. Beim jungen Erwachsenen stabilisieren sich Blutzuckerspiegel und Therapie – was aber nicht von einer regelmäßigen Beobachtung/erneuten Anpassung entbindet. 

Der offene Umgang mit dem „Persönlichkeitsmerkmal“ Diabetes

Alle dürfen und sollen es wissen: Betreuer im Kindergarten, Lehrer, Freunde – alle, die regelmäßig Kontakt mit Ihrem Nachwuchs haben. Ein Kind mit der Eigenschaft Diabetes muss zwar nicht mit Samthandschuhen angefasst werden, doch Aufklärung tut Not, damit sich keiner wundert, wenn zum Beispiel während des Unterrichts (falls Unterzuckerung im Verzug ist) etwas gegessen oder getrunken wird. Auch sollten Kontaktpersonen darüber Bescheid wissen, dass sich eine Unterzuckerung (z.B. im Sportunterricht!) durch Schwindelgefühl, starkes Schwitzen, „weiche Knie“ bemerkbar macht und Traubenzucker oder süßer Saft in Reichweite sein sollten.

Die richtige Anwendung moderner Behandlungsmethoden sorgt bei der Stoffwechselbesonderheit Diabetes für eine sehr gute Lebensqualität.

 

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