Die Arzneipflanze des Jahres – Johanniskraut

By | 1. Januar 2015

Die Arzneipflanze des Jahres – Johanniskraut

So um den 24. Juni (St. Johannis-Tag) beginnt das Johanniskraut zu blühen – das erklärt seine allgemein geläufige Bezeichnung. Der lateinische Name Hypericum perforatum sowie die Benennung Tüpfel-Johanniskraut dagegen nehmen Bezug auf die Beschaffenheit seiner Blätter, scheinbar von winzigen Löchern durchzogen – tatsächlich handelt es sich dabei um durchsichtige Öldrüsen, wie auch andere Hypericum-Arten sie aufweisen. Einzigartig beim echten, in der Heilkunde verwendeten, Johanniskraut ist sein mit Mark gefüllter Stängel. Und das Arznei-Johanniskraut hat eine große Verwandtschaft: Seine Sippe umfasst global ungefähr 400 Arten, in Deutschland sind neun davon vertreten und nur eine davon findet Verwendung in der Medizin. Das Echte Johanniskraut erreicht mit seinen aufrechten, kantigen Stängeln eine Höhe von 15 bis 20 Zentimetern – wenn es sich besonders wohl fühlt, kann es sogar zum 1-Meter-Riesen gedeihen. Vor allem Blütenknospen, geöffnete Blüten sowie Triebspitzen und noch grüne Kapseln enthalten die Wirkstoffe.

Um auf die unterschiedlichen Bezeichnungen zurückzukommen: Nomen ist bekanntlich Omen und besonders die volkstümlichen Namen sind Zeugen seiner Heilkraft: Unter anderem als Blutkraut, Herrgottsblut, Frauenkraut, Wundkraut oder Teufelsflucht wird das Echte Johanneskraut in Überlieferungen bezeichnet.

Spurensuche

Bereits in der antiken Heilkunde wurde mit verschiedenen Johanniskrautarten experimentiert, seit dem Mittelalter liegt der Fokus auf dem Echten Johanniskraut, wie wir es heute noch verwenden. Die älteste Dokumentation stammt aus dem 8. Jahrhundert; im Lorscher Arzneibuch (mittelalterliche Klostermedizin) ist Hypericum perforatum als Heilmittel bei Melancholie aufgeführt.

Das Echte Johanniskraut in der modernen Welt

Der Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde an der Universität Würzburg hat Hypericum perforatum auf den Arzneipflanze-des-Jahres-2015-Thron gesetzt. So zahlreich die Inhaltsstoffe des Kräutleins, so verschieden sind seine Anwendungen. Die Wirksamkeit von Johanneskrautpräparaten bei leichten bis mittelschweren Depressionen, Winterdepressionen, psychovegetativen Störungen, Nervosität bis hin zu Angstneurosen ist seit langem klinisch belegt. Wie ihre Antidepressiva-Kollegen sorgen auch Johanniskraut-Mittel durch eine Erhöhung der verfügbaren Nerven-Botenstoffe (Neurotransmitter) für Stimmungsaufhellung
Da die Inhaltsstoffe des „Tüpfelkrauts“ die nächtliche Melatonin-Ausschüttung ankurbeln (Melatonin = Hormon mit schlaffördernder Wirkung), tragen sie auch zu einem erholsamen Schlaf und, durch Verbesserung der Lichtempfindlichkeit (Photosensibilität), zu einem gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus bei. 
Den im Johanniskraut enthaltenen Flavonoiden sowie dem Hypericin wird eine entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung zugeschrieben, auf Viren bezogen hat Hypericin einen nachweislichen Effekt. 
Auch bei Magen-Darm-Erkrankungen findet Hypericum perforatum Anwendung.
Die Forschung prüft außerdem derzeit die Tauglichkeit der Arzneipflanze Johanneskraut bezogen auf Krebs- und Alzheimer-Therapie.
Alle beschriebenen positiven Wirkungen auf die menschliche Gesundheit haben sowohl Johanniskraut-Präparate als auch -Tee in Arzneimittelqualität.  

Teezubereitung

1 bis 2 Teelöffel pro Tasse kochend auf- und nach 5 bis 10 Minuten abgießen. Der Tee sollte kurmäßig über einen Zeitraum von mindestens 2 bis 3 Wochen getrunken werden, da seine Wirkung verzögert eintritt.

Auch als Öl ein Wohltäter

Johanniskrautöl – wegen seiner Farbe auch als Rotöl bezeichnet – hat sich, äußerlich angewendet, bei der Behandlung von Zerrungen, Verstauchungen und Prellungen sowie von Schnitt-, Schürfwunden, Sonnenbrand und leichten sonstigen Verbrennungen bewährt. Auch bei Muskel- und Nervenschmerzen (Ischias), rheumatischen Symptomen und Hexenschuss wird es eingesetzt. Trockene Haut ist ebenfalls dankbar für eine Johanniskrautöl-Abreibung.

Neben- und Wechselwirkungen

Auch bei der inneren Anwendung selbst hochdosierteren Johanniskrautextraktes sind keine toxischen Wirkungen zu erwarten und die Verträglichkeit, verglichen etwa mit anderen Antidepressiva, ist ausnehmend gut. Allein die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind es, die das liebe Johanniskraut zeitweise in die Kritik gebracht haben. Es verstärkt die Wirksamkeit eines Enzyms, welches am Abbau bestimmter Arznei-Inhaltsstoffe maßgeblich beteiligt ist. Das bedeutet, dass bestimmte Medikamente durch parallele innerliche Anwendung eines Johanniskrautpräparates gewissermaßen neutralisiert werden, also kaum noch wirken können. 

Eine solche Wechselwirkung wird vermutet bei zusätzlicher Einnahme von Antidepressiva, Anti-HIV-Medikamenten, bestimmten Herzmitteln (Digoxin) und Blutgerinnungshemmern mit dem Wirkstoff Cumarin sowie bei einer Therapie mit Immunsuppresiva (beeinträchtigen die Funktion des Immunsystem); auch die Effektivität des Bronchialerweiterers Theophyllin und die der Anti-Baby-Pille könnten durch Johanniskrautöl gebremst werden.

Seit 2003 sind aus diesem guten Grund hochdosierte Johanniskrautpräparate apothekenpflichtig – bei Tagesdosen unter 600 mg oder bei der äußeren Anwendung von Johanniskrautöl sind keine Wechselwirkungen zu erwarten. 

Im Zweifelsfall gehen Sie auf „Nummer sicher“ – wenden Sie sich an uns, wir beraten Sie gern.

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